Martin Z. Schröder – Drucktechnik wie vor 100 Jahren

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Auf meiner Suche nach besonderem Handwerk in Weißensee bin ich diesmal auf einen der letzten Schriftsetzer gestoßen und wurde dabei gleich von einer Kindheitserinnerung überrascht. Erinnert ihr euch noch an die kleinen Wandregale, in der ihr eure stolze Ü-Ei-Sammlung zur Schau gestellt habt? Unendlich viele dieser Bleisetzkästen, die mit tausenden kleinen Bleilettern gefüllt sind, besitzt Martin Z. Schröder in seiner Weißenseer „Druckerey“. Hier geht er einem Handwerk nach, welches eigentlich längst ausgestorben ist. Ich habe ihn in seiner erstaunlich stillen Werkstatt besucht und freue mich, ihn euch heute vorzustellen.

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Visitenkarten, Briefpapier, Einladungen oder Hochzeitskarten, es sind die kleinen feinen Drucksachen, sogenannte Akzidenzen, die der gelernte Schriftsetzer mit Maschinen herstellt, die zum Teil einhundert Jahre alt sind. Entgegen dem Trend sich bequem im Internet schnell und günstig seine eigene Visitenkarte zu gestalten, arbeitet der Berliner mit der Buchdrucktechnik, wie sie Johannes Gutenberg im 15. Jh. erfunden hat. Doch was macht das traditionelle Handwerk aus?

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Das Schriftbild seiner Drucke ist einzigartig. Anders als beim digitalen Druck zeichnen sich durch die handgesetzten Buchstaben Unregelmäßigkeiten ab. Das liefert eine ganz eigene Ästhetik, die auch heute wieder in Mode ist. Auch Prägedrucke, bei denen die Schrift im Papier vertieft ist, fertigt er auf traditionelle Weise an.

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Mit der Zusammenarbeit von Künstlern entstehen auch Drucke mit einer ganz besonderen Note. Dieser Holzdruck aus einem Schnitzwerk für eine Hochzeitkarte war gerade in Arbeit und gefiel mir besonders:

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Für einen Satz setzt der Schriftsetzer die Bleiletter per Hand in einen Winkelhaken zusammen. Das erfordert viel Fingerspitzengefühl und die Fähigkeit einen Satz fließend spiegelverkehrt lesen zu können.

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Für die weiteren Schritte geht es nun an die Druckmaschinen, die wahre Oldtimer sind. Der Original Heidelberger Tiegel zum Beispiel wurde 1914 zum ersten Mal auf der Leipziger Messe vorgestellt und war dann die meist gebaute Druckmaschine der Welt, nachdem sie 1924 in Serienproduktion gegangen ist, erzählt mir Martin Z. Schröder.

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Seine Begeisterung für das alte Handwerk entdeckte er schon in seiner frühesten Kindheit, als er mit 14 Jahren in die Arbeitsgemeinschaft „Junge Schriftsetzer“ im „Pionierpalast“ in der Berliner Wuhlheide eintrat. Später absolvierte er dann die Lehre des Schriftsetzers. Bereits 1994 hatte er seine erste kleine Werkstatt.

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Über seine Arbeit hat er auch ein Buch geschrieben; die „Stilkunde der kleinen Drucksachen“, welches im Herbst 2015 erschienen ist. Auf unterhaltsame Weise erklärt Martin Z. Schröder wie man die Worte am besten in Form bringt.

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Vielen Dank an Martin Z. Schröder für den Einblick in ein ganz besonderes Handwerk.

Ich bin immer wieder überrascht, welch kreatives Schaffen sich in den Weißenseer Hinterhöfen verbirgt und bin gespannt, was es noch zu entdecken gibt.


Martin Z. Schröder, Druckerey vor Ort:

Geöffnet täglich nach Vereinbarung

Meyerbeerstraße 62
13088 Berlin

mail: sekretariat@druckerey.de
tel: 030 47 00 43 12

 

Martin Z. Schröder, Druckerey im web:

Homepage: www.druckerey.de

Shop: www.letterpressberlin.com

Blog: www.blog.druckerey.de

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